Oldie But Goldie – „Friedhof der Kuscheltiere“ ist wohl Stephen Kings bekanntester Roman, zumindest ist er einer der kommerziell erfolgreichsten des US-amerikanischen Autors. Eigentlich liebe ich Horror, auch wenn ich selten Bücher aus dem Genre lese, da die sprachliche Umsetzung vieler Erzählungen erschreckender ist als die Handlung selbst. Bei Stephen King ist das nicht so, weshalb ich mich ohne Angst als Fan zu erkennen gebe. Seine Romane entwickeln einen Sog, dem man sich schwer entziehen kann. King reiht nicht nur Roman an Roman – er gestaltet eine Welt, Charaktere aus der einen Erzählung tauchen plötzlich in einer anderen wieder auf. Auf leisen Schritten sind sie ganz selbstverständlich Teil der einen Handlung und erst nach und nach erinnert man sich daran, dass einem dieser Name doch so verdammt bekannt vorkommt. King arbeitet präzise und erfindet eine Welt, die man in jeder Sekunde für real hält. Vermutlich ist das auch sein Geheimnis – die Vorstellung, all das, was in diesen Romanen passiert, ist nicht nur eine in Worte gefasste Fantasie, macht Stephen Kings Horror so beängstigend. Die Realität und Tiefe der Charaktere, die detaillreichen Handlungen, die irgendwie alle miteinander verwoben scheinen und letztlich eine gerade und treffende Sprache – King ist einzigartig und tatsächlich gruselig. Auch deshalb weil er keine Rücksicht auf seine Leser und Leserinnen nimmt. Eigentlich sehnen wir uns nach Sicherheit, denn diese reale Welt, in die King uns entführt, ist unserer so ähnlich. Wenn es also dort keine Sicherheit gibt, dann gibt es sie bei uns auch nicht.
„Friedhof der Kuscheltiere“ ist ein guter Einstieg in die King-Welt. Dr. Louis Creed zieht aus beruflichen Gründen mit seiner Familie nach Ludlow, eine kleine amerikanische Stadt, über die der Nachbar der Creeds viel zu berichten weiß. Die Familie lebt sich gut ein, doch hinter dem Haus führt ein Weg zu einem Ort, der nur schwer zu fassen ist. Etwas abgelegen liegt ein Tierfriedhof, der das Leben der Familie bald maßgeblich bestimmen wird. Jedes knacken der Holzdielen, jedes Blätterrauschen werden zur Gefahr, wenn ich Stephen King lese, denn seine Romane entfesseln meine Vorstellungskraft und lassen sie in den Abgrund des Horrors hinabgleiten. Neben „Friedhof der Kuscheltiere“ empfehle ich das noch sehr viel umfassendere Werk „Es“. An die anderen Geschichten taste ich mich langsam heran. Ganz langsam.
Was dazu?
Ein scharfes Küchenmesser, besser noch die frisch geschliffene Axt, sollten griffbereit sein.
Ein Blick ins Buch?
„Auf dem Weg zum Tierfriedhof an jenem Abend versuchte Louis zweimal, vielleicht sogar dreimal, mit Jud zu sprechen, aber Jud antwortete nicht. Louis gab es auf. Das Gefühl der Zufriedenheit, abwegig unter den gegebenen Umständen, aber eine eindeutige Tatsache, blieb bestehen. Es schien von überallher zu kommen.“ (Friedhof der Kuscheltiere, Stephen King)
Stephen King – Friedhof der Kuscheltiere. Roman. Aus dem amerikansichen Englisch von Christel Wiemken. Heyne Verlag, München 2011. 608 Seiten, Taschenbuch, 9,99€.
(Anmerkung: Der Blick ins Buch bezieht sich auf eine ältere Ausgabe, nämlich die 9. Auflage. Die bibliografische Angabe inklusive Preis bezieht sich auf die momentan aktuellste Auflage.)
Guten Hunger, besseres Lesen!